„Ausbildung in der Pflege (mit Abitur)“ - Interview Teresa Dreßel

Liebe Frau Dreßel, wir freuen uns sehr, dass Sie sich für eine generalistische Ausbildung bei der Keppler-Stiftung Ulm entschieden haben.

Könnten Sie sich kurz vorstellen?

Ja gerne. Mein Name ist Teresa Dreßel, ich bin 25 Jahre alt und komme ursprünglich aus Bühl bei Baden-Baden. Nach Ulm bin ich damals vor 6 Jahren für mein Studium gekommen.

 

Was war Ihr Berufswunsch während der Schulzeit? Hatten Sie schon immer die Pflege im Blick?

Ich wusste schon immer, dass meine berufliche Zukunft im Gesundheitswesen liegen wird, aber hatte noch keine konkrete Vorstellung was ich genau machen möchte. Mich hat der Bereich der Ernährungsberatung sehr interessiert, sodass ich dann nach dem Abitur vor der Wahl zwischen einer Ausbildung zur Diätassistentin oder einem Studium stand. Letztendlich habe ich mich dann für das Bachelorstudium „Informationsmanagement im Gesundheitswesen“ in Ulm entschieden, weil ich mir gedacht habe „wenn du schon Abitur hast, dann studierst du jetzt auch“.

Damals nach dem Abitur wäre ich tatsächlich niemals auf die Idee gekommen, in die Pflege zu gehen, da ich, während der Schulzeit zwei Praktika gemacht habe, eins davon im Altenheim und ich muss sagen, dass mir das damals gar nicht zugesagt hat.

 

Was hat Sie dann nach dem Studium zum Umdenken gebracht?

Nach dem Abschluss meines Studiums im Sommer 2020 hatte ich eine Phase, in der ich gar nicht wusste, wie ich weitermachen möchte: Suche ich mir einen Job passend zu meinem Studium, mache ich einen Master, oder mache ich noch eine Ausbildung? Ich habe dann ein Master-Studium (angewandte Gesundheitswissenschaften) angefangen, dieses dann aber ganz schnell wieder abgebrochen, weil ich gemerkt habe, dass mir total das Praktische gefehlt hat und das einfach nicht der richtige Weg für mich ist. Daraufhin habe ich mich entschlossen, auf jeden Fall noch eine Ausbildung zu machen, um auch noch mehr praktische Erfahrungen sammeln zu können. Nach zwei Praktika, einmal in der Ernährungsberatung und einmal in der ambulanten Pflege, habe ich gemerkt, dass die ambulante Pflege genau das ist, was ich gesucht hatte.

 

Wie kam es zum Kontakt zur Katholischen Sozialstation in Ulm?

Da ich ganz in der Nähe der Katholischen Sozialstation in Ulm wohne, war die räumliche Nähe gegeben. Ich bin hier oft vorbeigelaufen und es hat mir gut gefallen, da habe ich mir gedacht, warum probierst du es nicht einfach mal dich hier zu bewerben. Und ja, nun bin ich hier seit 2021 als Auszubildende tätig.

 

Wie waren die Reaktionen von Ihrem persönlichen Umfeld (Familie, Freunde), als sie erfahren haben, dass Sie doch nochmal einen anderen, einen zweiten Weg einschlagen?

Meine Familie war dem gegenüber sehr offen und insbesondere meine Mutter war total begeistert, da sie selbst in einem ambulanten Pflegedienst als Hauswirtschaftskraft tätig ist und der Umgang mit älteren Menschen schon immer ein wichtiges Thema für sie war. Allgemein waren die Reaktionen durchweg positiv.

 

 

Wurden Sie schon einmal mit Vorurteilen gegenüber der Pflege konfrontiert oder haben schlechte Erfahrungen gemacht?

Es ist allgemein bekannt, dass die Pflege als Berufsfeld in der Gesellschaft einfach nicht gut angesehen ist und man auch noch nicht so weit ist die Pflege als eigene Profession zu sehen. Wo es mir ganz arg aufgefallen ist, war bei einem Einsatz im Krankenhaus. Da fand ich es sehr schade, dass es einige Ärzte gibt, die die Pflegekräfte eher schlecht und von oben herab behandeln. Dabei ist eine enge und gute Zusammenarbeit zwischen den Ärzt*innen und der Pflege so wichtig, denn es sind letztlich die Pflegekräfte, die im Alltag den meisten Kontakt mit den Patient*innen haben und diese somit am besten kennen. Natürlich gab es aber auch Ärzt*innen mit denen die Zusammenarbeit super war.

 

Was gefällt Ihnen besonders gut in der Ausbildung?

Ich finde den Kontakt mit den Menschen einfach schön und der Job an sich ist einfach toll. Ich würde auch jedem empfehlen, einfach mal in den Bereich reinzuschnuppern, und zu schauen, ob die Pflege nicht doch was für einen sein könnte, weil der Bereich einfach mit so vielen Vorurteilen behaftet ist und sich viele einfach nichts unter der Arbeit vorstellen können. Auch bei meinem Praktikum in einem Pflegeheim habe ich gemerkt, dass die Arbeit dort ganz anders ist als in einem ambulanten Pflegedienst oder einem Krankenhaus, und man „die Pflege“ auch nicht einfach über einen Kamm scheren kann. Ich könnte mir vorstellen, dass danach viel mehr Menschen eine Tätigkeit im Pflegebereich in Erwägung ziehen würden.

 

Gab es etwas, das Ihnen in der Ausbildung schwer gefallen ist?

Durch den Kontakt mit Menschen kommt man immer wieder in Situationen, die neu und herausfordernd sind, aber das fand ich immer schön und spannend.

Natürlich gibt es Themen wie den Tod, die schwierig sind, aber selbst da lernt man durch neue Situationen dazu und entwickelt sich weiter.

 

Welche Eigenschaften sollte eine Person für die Ausbildung in der Pflege mitbringen?

Auf jeden Fall Empathie und auch eine gewisse Unvoreingenommenheit und Offenheit gegenüber den Menschen. Auch sollte man sehr verantwortungsbewusst sein, denn es geht einfach um Menschen, da kann man natürlich auch mal einen Fehler machen, aber man sollte sich eben über die möglichen Auswirkungen der Fehler bewusst sein. Deswegen sollte man immer 100% geben bei der Arbeit, wenn nicht sogar mehr.

 

Warum glauben Sie, dass sich so wenig Abiturient*innen für eine Ausbildung in der Pflege entscheiden?

Zum einen ist es in der Gesellschaft noch stark verankert, dass man mit Abitur studieren muss. Das ist total schade, da dadurch viel weniger Leute eine Ausbildung, egal in welchem Bereich, beginnen. Hinzu kommt, dass es im Gymnasium viel zu wenige Praktika gibt, meistens nur ein bis maximal zwei in der gesamten Schulzeit, sodass die Schüler*innen kaum Möglichkeiten haben verschiedene Berufsfelder kennenzulernen. Zudem hat die Pflege leider immer noch ein schlechtes Image, das auch den schlechten Rahmenbedingungen des Berufes geschuldet ist: Die Arbeitszeiten, körperliche Belastungen, Fachkräftemangel, Entlohnung, etc. Damit sich mehr junge Menschen für die Ausbildung in der Pflege entscheiden, müssten sie die Möglichkeit erhalten den Pflegeberuf kennenzulernen und natürlich müssten auch die Rahmenbedingungen von der Politik verbessert werden.

 

Wie stellen Sie sich Ihre berufliche Zukunft vor?

Ich weiß mittlerweile, dass ich immer in der Pflege arbeiten möchte, vor allem auch direkt am Menschen. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, zusätzlich organisatorische Aufgaben zu übernehmen, um für gute Rahmenbedingungen zu sorgen. Aktuell konzentriere ich mich auf meine Ausbildung und schaue einfach mal, was die Zukunft dann für mich bringt.

 

Wir bedanken uns herzlich bei Frau Dreßel für das angenehme und spannende Gespräch!

 

Laura Fischer

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